(Veröffentlicht am Dienstag, den 31. Juli 2018 10:44 auf finews.ch in der Kategorie: Finanzplatz)
Die Blockchain-Technologie zieht ihre Bahnen durch die Schweiz. Mit dem Tempo
scheinen die Regulierungsbehörden allerdings ihre Mühe zu haben, schreibt Jürg
Baltensperger. Er hat eine Lösung.
Es ist durchaus vorstellbar, dass in Zukunft sehr viele Startups in der Schweiz als Initial Coin
Offerings (ICO) lanciert werden, wären da nicht diese hohen regulatorischen Hürden. Die
bestehende Regeln unbesehen auf eine neue Technologie anzuwenden, führt zu stossenden
Resultaten und vor allem zu teils exorbitanten Anwaltskosten.
Solche Markteintrittshürden wirken abschreckend und sind innovationsfeindlich. Unternehmen,
die die Regeln ungenügend einhalten, droht die Zwangsliquidation durch die
Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma). Dies wird sicher nicht zur Stärkung der Schweiz
als ICO-freundlicher Standort beitragen.
„Einige Länder haben im Wettstreit um die Gunst von Blockchain-Firmen enorm
aufgerüstet“
Blockchain und die Kapitalbeschaffung mittels ICO bringen unbestritten neue Risiken mit sich,
schaffen auf der anderen Seite aber auch Chancen. Vor diesem Hintergrund sollte ein
Regulatorische Rahmenbedingungen ermöglichen, welche die Risiken minimieren, und es
gleichzeitig aber auch zulassen, die Chancen zu nutzen – und zwar im Sinne einer nachhaltigen
Entwicklung des Wirtschaftsstandorts.
Allerdings ist die Schweiz nicht alleine. Einige Länder haben im Wettstreit um die Gunst von
Blockchain-Firmen enorm aufgerüstet: Malta schuf Anfang Juli mit drei neuen Gesetzen einen
umfassenden regulatorischen Rahmen. Usbekistan bietet ein ICO-freundliches Umfeld, und
Liechtenstein hat für 2019 ein Blockchain-Gesetz angekündigt. Weitere Länder wie Gibraltar
und die baltischen Staaten sind ebenfalls bemüht, ICOs durch ein günstiges Regelwerk
anzulocken.
„Als Blockchain-Standort droht die Schweiz ins internationale Mittelfeld abzurutschen“
Wie kann sich die Schweiz in diesem internationalen Wettlauf positionieren? Im Sinne einer
zukunftsgerichteten Regulierung führt kein Weg an einem Blockchain-Gesetz vorbei, der Raum
für Innovationen und Entwicklung ermöglicht. Bis ein solches Gesetz verabschiedet wird, dauert es
allerdings erfahrungsgemäss lange. So droht die Schweiz als Blockchain-Standort ins
internationalen Mittelfeld abzurutschen.
Deshalb sollte eine Übergangslösung gefunden werden. Bei den Vermögensverwaltern bewährt
sich seit langem das System der Selbstregulierung. Selbstregulierungsorganisationen (SRO)
stellen ihren Mitgliedern von der Finma abgenommene Standesregeln zur Verfügung und
ihre Einhaltung kontrollieren. Dieses Modell könnte auch im Blockchain-Bereich Anwendung finden.
finden, zumindest als Überbrückung bis ausgereifte staatliche Regeln greifen.
„Auch mit US-Korrespondenzbanken hilft das Label einer Schweizer Regulierung“.
Der Vorteil dabei wäre, dass eine „Blockchain SRO“ sowohl aus Fachexperten der
Technologieseite wie auch aus dem Regulierungsumfeld zusammengesetzt werden könnte,
was zielgerichtete und effiziente Regeln begünstigen würde.
Eine Blockchain-Regulierung wird die Banken nicht davor bewahren, die Compliance-Prozesse
den neuen Risiken anzupassen. Dazu sind eine solide Risiko-Identifikation und die
entsprechende Fachkenntnisse bei der Definition von Maßnahmen nötig. Nichtdestotrotz
steigert eine Blockchain-Regulierung das Vertrauen in ICOs und wird helfen, den bis dato noch
eingeschränkten Service für solche Unternehmen ausweiten.
Auch in der Kommunikation mit US-Korrespondenzbanken und anderen Stakeholdern hilft das
Label einer Schweizer Regulierung. Dies kann nur im Sinne einer zukunftsorientierten
Entwicklung des Schweizer Finanzplatzes sein.
Jürg Baltensperger ist Experte für Compliance, Corporate Governance und
Risikomanagement. Er verfügt über langjährige Erfahrung bei Privatbanken und
Vermögensverwaltern sowie als Leiter regulatorischer Projekte. Aktuell ist er als Geschäftsführer
Direktor beim Beratungsunternehmen JayBee in Zürich tätig und doziert an Fachhochschulen.